Es gibt wieder Neuigkeiten aus der Presseabteilung des Berliner Senats. Diesmal werben sie jedoch nicht für den Aal, sondern für Kleinkunst aus dem Knast, auch bekannt als Freiluftgefangenentheater der JVA Tegel.
Mich persönlich verbindet eine gewisse Faszination mit Gefängnissen, seitdem man uns im Rahmen dessen, was man in Westdeutschland unter Volontärsausbildung versteht, in den Knast zu Werl schickte. Der mich in dem Moment für sich begeisterte, als der Chef vom Tag der offenen Tür berichtete, den man einmal im Jahr abhielte. Zur großen Freude der Schwerverbrecher, die man dort einbuchtet, nehme ich an.
Die JVA Tegel bietet also statt offenen Türen Laientheater an, versieht dieses dafür aber mit dem schönen Namen „aufBruch“. Was ich ähnlich kreativ finde, wie seinen Fahrradladen „Radhaus“, „Rad der Stadt“ oder „Radlos“ zu nennen, aber leider trotzdem ein weit verbreitetes Phänomen darstellt. Die Alternativen „Gitter, die die Welt bedeuten“, „Wasser & Brot“ oder „Lebenslang und ohn‘ Sorg'“ scheiterten vermutlich im Rerecall.
Fünfundzwanzig Köpfe hat das aufBruch-Ensemble, sagt die Pressemitteilung, und in diesem Jahr haben sie sich zum Kleistjubiläum dem Kolhaas gewidmet. „Unter der Regie von Peter Atanassow, dem künstlerischen Leiter von aufBruch, untersucht aufBruch auf dem Gefängnishof der JVA Tegel die aktuellen Bezüge des Stoffes und zeigt die legendäre Figur Kohlhaas im Spannungsfeld von Bauernkriegen einerseits und modernem Terrorismus und Vigilantismus andererseits. Das multinationale Gefangenenensemble erzählt von verletzten Rechtsgefühlen und Ohnmacht und fragt nach den Bedingungen des Rechts auf Widerstand.“
Ein multinationales Gefangenenensemble, das sich mit dem Recht auf Widerstand beschäftigt, klingt sehr verheißungsvoll. Ihr Einsitzen macht mich glaubend, dass sie alle da bereits ein gewisses Vorwissen mitbringen, was der Qualität des Stückes sicher sehr zu Gute kommt.
Die Premiere findet am nächsten Mittwoch um 18 Uhr statt. Einlass ist bis zu einer halben Stunde vorher an Tor 2, womit wir zu den Teilnahmeformalitäten für Nicht-Knastis kommen: Karten müssen mindestens fünf Tage im Voraus geordert werden, unter Angabe von Name, Meldeadresse und Geburtstag. Einlass erhält nur, wer Perso oder Pass vorlegen kann, oder eine Haftbefehl. Handys, Schlüssel, Geld, Kreditkarten und sonstige Wertgegenstände dürfen nicht mitgenommen werden. Gleiches gilt für Nahrungsmittel, und da besonders für Kuchen mit Feilenfüllung. Drogen scheinen dagegen kein Problem zu sein.
Ich finde, das klingt alles nach einer schönen Aktivität für den nächsten Kindergeburtstag oder die Betriebsfeier. Außer natürlich, die Herren und Damen Arbeitnehmer kommen aus der Dietrich-Produktion. Womit ich nun wirklich ausreichend unglaublich schlechte Knast-Witze gemacht habe, dem ich nun nur noch die mieseste aller Kleist-Bemerkungen hinzufügen möchte: Lassen wir uns hoffen, dass die Künstler von aufBruch mit ihm nicht baden gehen.
7. Juni 2010
Was wär das für ein schöner Bereichsausflug für die Affenhölle gewesen! Das kommt ein Jahr zu spät, diese schöne Option.
7. Juni 2010
Ein Jahr zu spät für uns. Anderen steht diese Option ja zum Glück noch offen. Auch wenn generell die Ansage, keine Snacks mitbringen zu dürfen, ein Problem darstellt, finde ich. Zumindest, wenn Alkohol darunter fällt.