Ist doch schön, wenn zumindest einer in Berlin vom Olympia-Fieber gepackt wurde: der Berliner Senat. So lässt er es zumindest seit zwei Wochen über seinen Landespressedienst ausrichten:
22. Januar
„Regierender Bürgermeister eröffnet olympische und paralympische Wochen in Berlin“
„Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller gibt am morgigen Freitag (…) am Brandenburger Tor das Startsignal für die Olympischen und Paralympischen Wochen in der Hauptstadt, die ihr Interesse an der Ausrichtung der Spiele 2024 oder 2028 bekundet hat.“
23. Januar
„Müller eröffnet olympische und paralympische Wochen: ,Wir wollen die Begeisterung für Olympia in die ganze Stadt tragen“
„(…) Michael Müller: ,Wir wollen in den kommenden Tagen zeigen, wie groß der Kreis der Unterstützer bereits jetzt schon ist.‘ (…) Auch der Senat von Berlin wird in den kommenden beiden Wochen mit einer Vielzahl von Aktionen für Olympia in Berlin werben. So wird Sportsenator Henkel am 30. Januar 2015 bei einem Rundgang im Olympiastadion mit Menschen mit Handicap die Barrierefreiheit des Areals zum Thema machen und zeigen, dass in Berlin auch hier sehr gute Voraussetzungen bestehen. Gesundheitssenator Czaja wird bei einem Sitzvolleyballspiel mit dem Behindertensportverband mitspielen. Bildungssenatorin Scheeres wird u.a. auf einer Pressekonferenz die Bedeutung Olympias für die sportbetonten Schulen hervorheben. Bausenator Geisel lädt zu einem Besuch des geplanten Olympischen Dorfes in Tegel ein, Senator Heilmann verteilt Pfannkuchen mit dem Olympia-Werbe-Logo, Senatorin Kolat wird sich zusammen mit den Wirtschaftsverbänden in Pressekonferenzen mit den positiven Auswirkungen von Olympia in Berlin für den Arbeitsmarkt befassen.“
28. Januar
„Landesbeirat und Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung sind für die Paralympics in Berlin“
„Neun Mal Ja für Olympia in Berlin, zwei Enthaltungen und zwei Mal Nein: So hat der Landesbeirat für Menschen mit Behinderung zur Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele in Berlin abgestimmt. Im Anschluss an eine Diskussion zur Berliner Bewerbung (…) hat der Vorsitzende des Landesbeirats, Berndt Maier spontan ein im Ergebnis für die Bewerbung Berlins ermutigendes Meinungsbild herstellen lassen.“
30. Januar
„Sonntag wird der Fernsehturm Lichtsymbol der Berliner Olympia-Kampagne – Brandenburger Tor bis dahin in Olympia-Look“
„,Wir wollen die Spiele!‘ – noch bis Samstag um Mitternacht leuchtet das Brandenburger Tor in den bunten Farben von 100 Nationalflaggen und verkündet in großen Lettern das Motto von Berlins Bewerbung um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele 2024 oder 2028. Seit dem Start der Olympischen und Paralympischen Wochen durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, am 23. Januar 2015 ist das weltbekannte Wahrzeichen der Hauptstadt spektakulär im Olympia-Look illuminiert.“
30. Januar
„Müller lädt zur Teilnahme am Berliner Olympialauf ein: ,Dabei sein ist alles!'“
„(…) Müller: ,Wir wollen die Spiele! Das ist die Botschaft des Berliner Olympialaufs. Die Veranstaltung bietet allen Berliner Sportfreunden die Chance zu zeigen, dass sie Olympische Spiele in unserer Stadt wollen. (…)“
3. Februar
„Das Olympia-Fieber steigt“
„(…) im Rahmen der Olympischen und Paralympischen Wochen besuchen Jugendstaatssekretärin Sigrid Klebba und der Direktor des Landessportbundes Berlin, Dr. Heiner Brandi, am kommenden Mittwoch für einen gemeinsamen Foto-Termin mit sportbegeisterten Kindern den Kindergarten am Olympiastadion.“
4. Februar
„,Wir wollen die Spiele!‘ – Müller dankt Air Berlin für Unterstützung“
„Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, nimmt am Donnerstag, 5. Februar 2015, an der Präsentation des Brandings ,Wir wollen die Spiele!‘ auf einem Flugzeug des Typs A320 der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin teil (…) Müller vorab: ,(…) Air Berlin ist ein hervorragendes Beispiel eines Unternehmens in unserer Stadt, das sich wie viele andere auch für unsere gemeinsame Olympia-Kampagne ‚Wir wollen die Spiele!‘ engagiert. Air Berlin ist dafür deshalb besonders prädestiniert, weil die Gesellschaft national und international als sympathischer Botschafter Berlins fungiert.'“
Fortsetzung folgt, nehme ich mal an.
Ich wünschte, die Politiker dieser Stadt legten einen vergleichbaren Eifer an den Tag, wenn es darum ginge, Themen wie schimmlige wie überbelegte Schulen, von Einsparungen bedrohte soziale Einrichtungen oder marode Brücken anzugehen (ganz recht, fünf Jahre Lokaljournalismus in Berlin haben mich bitter gemacht). Aber im Olympia-Fieber zu sein ist natürlich cooler als in dem für, sagen wir, Pankower Sozialpolitik.
Aber wenn der Landespressedienst noch ein wenig weiter agitiert, wird sicherlich bald auch der letzte Berliner begriffen haben, dass mehrtägige Wartezeiten im Bürgeramt und Knochenbrüche dank mieser Gehwege ein völlig angemessener Preis sind für die Freude, die einem so ein ökonomisches Marketing- sportliches Großereignis zu bereiten vermag.